[Werbung*] „30. April 1950. Liebes Tagebuch! Heute war ein sehr langer Tag. Ich bin schon um 5 Uhr aufgestanden und mit dem Zug nach Mönchhof gefahren.

Meine Einkaufsliste war lang. Ich musste zum Hutmacher, weil der Hut vom Vater drei Löcher hat und ich ihm zum Geburtstag einen neuen kaufen möchte.

Beim Schuster holte ich meine Schuhe ab, die ich bei meinem letzten Besuch in Mönchhof vor zwei Wochen zur Reparatur hingebracht hatte.

Beim Bäcker nahm ich Mehl mit, damit wir wieder Brot backen können.

Beim Gemeindearzt habe ich neue Tabletten für Opa mitgenommen, sein Herz ist schon etwas schwach.

In der Kirche habe ich ein Kerzerl angezündet für meine Oma.

Außerdem war ich beim Friseur, denn morgen heiratet meine Cousine Maria. Ob es wieder viele Einischauer geben wird? Morgen wird auch die Bauernkapelle spielen, die haben heute schon ganz fleißig geprobt.

Danach war ich beim Fotografen, weil ich ein Passfoto brauche. Im Sommer möchte ich nämlich meine Tante Monika in Ungarn besuchen. Das Foto kann ich mir aber erst bei meinem nächsten Dorfbesuch abholen, es muss noch entwickelt werden. Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich meine Briefe bei der Post abgegeben.

Mama hat mir auch noch eine Einkaufsliste für die Greißlerei mitgegeben. Also habe ich auch dort vorbei geschaut.

Am Abend habe ich mich mit meiner Freundin Annie getroffen. Im Kino läuft der neue Film mit O.W. Fischer und den wollten wir unbedingt sehen. Ob der in echt auch so gut aussieht?

Nach dem Film sind wir noch auf ein Glaserl Wein ins Wirtshaus gegangen. Dort habe ich auch meinen Hans wieder getroffen. Er hat heute wieder viele Wände gemalt. Wir haben uns heimlich im Schwarzen Keller geküsst. Aber pssst, das ist ein Geheimnis! Dann hat er mich mit dem Motorrad nach Hause gebracht. Ich hoffe, ich sehe ihn bald wieder. Es war ein schöner Tag!“**

 

FLUGENTENFAZIT:

Wer schon länger mit mir durch die Flugentenwelt watschelt, weiß bereits, dass ich ein Faible für Freilichtmuseen habe. Ob das Freilichtmuseum Stübing in der Steiermark, das Weinviertler Museumsdorf Niedersulz in Niederösterreich oder jetzt das Dorfmuseum Mönchhof im schönen Burgenland – ich könnte Tage in solchen Freilichtmuseen verbringen.

Wie lebten die Menschen im Burgenland in der ersten Hälfte des 20 Jhdt.? Die Gegend östlich des Neusiedlersees wurde ursprünglich Heideboden („Hoadboden“), ab 1945 Seewinkel genannt. Sie war geprägt von der Landwirtschaft und dem dörflichen Leben. Doch heute gibt es kaum noch „Hoadbauern“, nur manche Traditionen wie das Einischaun in die Häuser im Falle von Hochzeiten blieben erhalten.

Josef Haubenwallner hat über Jahre hinweg gemeinsam mit seiner Frau Christine das Dorfmuseum aufgebaut. Einige der Bauten sind Originalgebäude, einige wie beispielsweise die Kirche wurden von den beiden neu errichtet. Jedes Gebäude ist mit Liebe zum Detail eingerichtet – es fiel mir nicht schwer, mich in eine Zeit vor meiner Zeit zu versetzen. Wobei, so manches Mal dachte auch ich: hey, das kenne ich noch! Als Kind der 1980iger-Jahre waren mir Telefonzellen, alte Kinosäle und so manche Küchenutensilien durchaus ein Begriff – den einen oder anderen Gegenstand findet man auch bei meinen Eltern daheim.

Zeitgleich mit mir spazierte eine Pensionistengruppe durch das Dorf – nicht nur einmal hörte ich Erinnerungen wach werden. Für die einen ist es eine Zeitreise in die gute, alte Zeit – für die Kinder von heute vermutlich der Besuch einer anderen Galaxie.

Das Dorfmuseum Mönchhof besticht durch seine Authentizität. Spielten mir meine Sinne einen Streich, oder roch es hier tatsächlich noch nach frisch gebackenem Brot und gemolkener Milch? Auch der Weinkeller verströmte doch seine typische Note, in der Werkstatt stieg mir ein Öl-Metall-Geruch in die Nase, beim Blick auf die alten Holzbänke sah ich die Kinder beim Schreiben mit der Tusche schwitzen während ich sie beim Blick auf die Tschardake noch spielen höre.

 

Lust auf eine kleine Zeitreise in die Welt der Hoadbauern?

Adresse:  Bahngasse 62, A – 7123 Mönchhof. Der Bahnhof befindet sich außerhalb des Museums, ist aber nur wenige Gehminuten entfernt.

Öffnungszeiten: Das Dorfmuseum Mönchhof ist immer vom 01.04. bis 31.10. von Dienstag bis Sonntag, in den Monaten Juni bis August auch an Montagen, jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Mehr Infos zum Dorfmuseum Mönchhof

Inhaber der Neusiedler See Card haben freien Eintritt! Das Dorfmuseum Mönchhof ist eine von 50 Attraktionen rund um den Neusiedler See, welche du mit der Neusiedler See Card kostenlos besuchen kannst, darüber hinaus gibt es zahlreiche Ermäßigungen und sonstige Extras.  Ein paar davon habe ich dir in meinem Beitrag „Kultur, Natur und Genuss – pannonische Vielfalt am Neusiedler See“ verraten.

* Ich besuchte das Dorfmuseum Mönchhof auf Einladung von der Neusiedler See Tourismus GmbH. Das Flugentengeschnatter bleibt aber davon unbeeindruckt.

** Alle Namen sowie der Tagebucheintrag sind frei erfunden. Namensähnlichkeiten sind zufällig.