Mulhouse – ein Muss für alle Streetart-Fans!

Zugegeben, Liebe auf den ersten Blick war es mit Mulhouse nicht. Ja, das Rathaus ist wirklich schön, die sonstigen Häuser sind ganz nett, aber in seinen Bann zog mich die ca. 110.000 Einwohner-Industriestadt Mulhouse im nord-französischen Elsass erstmal nicht. Nach Straßburg und Colmar hatte ich wohl bezaubernde Fachwerkhäuser am Fluss und liebliche Gässchen erwartet. Aber dann, dann entdeckte ich in Mulhouse Streetart und noch mehr Streetart – ich war im 7. Mural-Himmel … wer schwebt mit mir mit? Ich zeige dir die Hotspots der Streetart-Künstler. Natürlich dürfen auch ein paar der klassischen Sehenswürdigkeiten von Mulhouse in diesem Beitrag nicht fehlen.

Mulhouse ist ein wahres Mekka für alle, die sich für Streetart begeistern. Unglaublich, was hier so manche*r Künstler*in gezaubert hat! Bei deinem Spaziergang durch die Stadt wirst du immer wieder auf kleinere oder größere Gemälde, Skulpturen und sonstige Kunstwerke stoßen – gefühlt ist wohl die halbe Stadt eine Freiluftgalerie. Ein paar der Kunstwerke stelle ich dir nachfolgend vor:

Die weibliche Puppenfigur mit den großen Augen und der voluminösen Haarpracht ist mittlerweile das Markenzeichen der französischen Künstlerin Vinie. Sie malt bereits seit ihrer Kindheit – heute finden sich ihre Werke auf der ganzen Welt wieder. Location in Mulhouse: 35 Rue de l’Arsenal.

Ein Gemälde des Künstlers Jean Linnhoff (geb. 1978 in Deutschland) zu Ehren des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, der 1875 im Elsass als Deutscher geboren und nach dem I. Weltkrieg französischer Staatsbürger wurde. Bekannt wurde Schweitzer v.a. durch sein Engagement für ein Buschkrankenhaus im afrikanischen Gabun. Das Portrait entstand 2020 und erstreckt sich über eine Fläche von 15 x 11 Metern. Location in Mulhouse: 78 Avenue de Colmar.

Das Gemälde „El Sembrador“ des 1982 geborenen chilenischen Street-Art-Künstlers INTI erstreckt sich über die gesamte Seitenfassade eines 5 Stockwerke umfassenden Hauses. Location: 20 Boulevard du Président Roosevelt (in der Nähe der Markthalle).

„The stories and the memories we built“, so der Titel des Murals des französisch-österreichischen Künstlerpärchens Jana und JS. Location in Mulhouse: 8 Rue de la Justice.

Die Skulptur und der „Gestrickte Baum“ stehen in unmittelbarer Nähe zur Villa Steinbach, in welcher sich das Musée des Beaux-Arts befindet (Museum für bildende Künste, Eintritt frei, Mehr Infos). Letzterer ist mit einem von Lehrer*innen gehäkelten Mantel umhüllt. Location in Mulhouse: 4 Place Guillaume Tell.

Ein Ausschnitt des Freskos der Künstler Sylvie Herzog und Fernand d’Onofrio. Es zeigt u.a. das rote Mühlenrad, welches auch das Wappen von Mulhouse ziert. Der Name Mulhouse geht auf eine im Ort erbaute Mühle zurück. Location in Mulhouse: Place Lucien Dreyfus

Echt oder doch nur ein Gemälde? Standort in Mulhouse: Rue Lambert 23 und 25

„L’Art et la Littérature (1867)“ des Künstlers Andrea Ravo Mattoni. Location: 132 Avenue Robert Schumann (in der Nähe von Graffitipolis).

„Dr. Schweisser“, auch „Schweissdissi“ genannt – ein Werk des französischen Künstlers Yves Carrey, der sich auf Eisenskulpturen spezialisiert hat. Schweissdissi steht als Symbol für die mit dem Verschwinden großer Fabriken aus Mulhouse verbundene Arbeitslosigkeit. Location in Mulhouse: Ecke Avenue du Président Kennedy/Rue du Savage

Der Schweisser sitzt übrigens direkt vor der City Hall mit einer wunderschönen Fassade. Drinnen befindet sich aber kein Stadtamt oder so, sondern ein Night Club – also ein Tipp für all jene, die gerne am Abend mal abshaken möchten.

M.U.R. steht für Modulable, Urbain, Réactif und ist im Grunde nur eine Hauswand, die vermutlich irgendwann einmal weiß war. Heute entsteht hier jeden Monat neu ein anderes Kunstwerk. Es lohnt sich also, bei einem neuerlichen Mulhouse-Besuch wieder in die Rue de la Moselle zu spazieren.

• 9 Rue de la Moselle, 68100 Mulhouse
• jederzeit frei zugänglich
• neues Bild immer am letzten Samstag im Monat (inkl. Vernissage und einem Umtrunk, der in Frankreich als „Apéro“ bezeichnet wird)

Streetart von Fabien Hupin (Künstlername: Nean) – so schade, dass es im nächsten Monat schon wieder übermalt wurde …

Sightseeing in einem Parkhaus – ernsthaft? Ja, unbedingt! Nämlich dann, wenn dich deine Reise nach Mulhouse führt. Auf den ersten Blick sieht das Parkhaus des städtischen Kinos „Kinepolis“ genauso wenig einladend aus wie jedes andere Parkhaus auch. Zugegeben, etwas gruselig ist es schon, als ich hier spätabends alleine durch das Parkhaus geistere. Aber so viel sei verraten: The oscar for the most beautiful car park goes to … Mulhouse! Über 5 Stockwerke verteilt findest du die Murals – bei meinem Besuch gab es noch ein paar graue Flächen, aber jedes Jahr kommen neue Graffiti dazu.

• Parkhaus des Kinos „Kinepolis“, Avenue Robert Schumann, 68100 Mulhouse
• Falls du nicht zu Fuß hingehen magst, kannst du mit der Linie 2 bis „Nouveau Bassin“ fahren.
• Ganzjährig geöffnet und kostenlos zugänglich.
• Graffitipolis eignet sich gut als Schlechtwetterprogramm und lässt sich perfekt mit einem Kinobesuch verbinden. Das Kinepolis bietet auch Filme in Originalsprache an, so dass du durchaus Chancen auf englisch- oder sogar deutschsprachige Movies hast.
• Auch das vom französischen Künstler Oakoak gemalte Mural auf dem Titelbild dieses Blogbeitrags findest du in Graffitipolis.

Lust auf etwas Natur? Dann verbinde deinen Spaziergang im Grünen mit einer Street Art-Besichtigung, indem du den „Quai des Pêcheurs“ gemütlich die Ill entlang schlenderst und dabei die wunderschönen Murals betrachtest.

Früher war es das Rathaus, heute beherbergt das im Jahr 1552 errichtete prunkvoll bemalte Renaissancegebäude das Historische Museum von Mulhouse, welches Einblicke in die Geschichte von Mulhouse sowie das Leben der Elsässer gewährt. Die auf der Fassade aufgemalten Wappen sind übrigens jene der Schweizer Kantone und stammen aus dem Jahr 1552 – sie gehören somit wohl zu den ältesten Murals der Stadt.

• Musée historique de Mulhouse, Place de la Réunion, 68100 Mulhouse
• Öffnungszeiten: täglich von 13:00 – 18:30 Uhr (ausgenommen Dienstag und Feiertage). Im Juli und August 10:00 – 12:00 Uhr und 13:00 – 18:30 Uhr. Während des Weihnachtsmarktes 13:00 – 19:00 Uhr.
• Eintritt frei. Vorreservierung möglich.

Altes Rathaus von Mulhouse.

Übersehen kann man den imposanten Bau der Stephanskirche wahrlich nicht. Direkt am zentralen Place de la Réunion gelegen sticht außer dem Alten Rathaus vor allem die protestantische Kirche mit ihrem eher ungewöhnlichen Grundriss ins Auge. Die Kirche in ihrer heutigen Form wurde in den Jahren 1858 bis 1868 nach den Plänen des Stadtarchitekten Jean-Baptiste Schacre errichtet. Im 97 m hohen Hauptturm, der damit der höchste Kirchturm einer protestantischen Kirche in Frankreich ist, läuten 5 Glocken mit einem Gesamtgewicht von 10.400 kg. Die Glocken wurden in der Schweiz gegossen, Schweizer Pünktlichkeit ist also garantiert ;-) In der Kirche sind Glasfenster eingebaut, welche – wie so manche andere Gegenstände in der Kirche auch – noch aus der Kirche stammen, die zuvor an diesem Platz stand. Im Übrigen ist die Kirche auch die einzige protestantische Kirche in Frankreich, die sich direkt am Hauptplatz befindet.

• Place de la Réunion, 68100 Mulhouse
• Wegen Renovierungsarbeiten war sie zum Zeitpunkt meines Besuchs leider geschlossen. Aktuell gibt es jeden Samstag (10:00 – 11:00 Uhr) kostenlose Führungen, allerdings nur auf Französisch. Zudem kann die Kirche derzeit Mittwoch bis Sonntag jeweils von 13:00 Uhr bis 19:00 Uhr besichtigt werden. In der Kirche finden zudem Konzerte und Ausstellungen statt.
• Aktuelle Infos zur Kirche und zu Besichtigungszeiten findest du u.a. auf der Website vom Tourismusbüro.
• Ansonsten kannst du auf den Stufen vor dem Portal Platz nehmen und das Flair des Place de la Réunion auf dich wirken lassen.

Einmal beim Rathaus um die Ecke gebogen blicke ich verwundert hoch: ich stehe in der Rue Guillaume Tell (Wilhelm Tell Gass) und Wilhelm Tell blickt auf mich herab. Bisher hatte ich den berühmten Apfel-Schützen nur mit der Schweiz in Verbindung gebracht. Dass dem Schweizer Nationalhelden in Mulhouse ein Denkmal gesetzt wurde, hängt wohl damit zusammen, dass Mulhouse von 1515 bis 1586 als ein „zugewandter Ort“ vertraglich mit der Alten Eidgenossenschaft verbunden war.

• 1 Rue Guillaume Tell, 68100 Mulhouse

Wilhelm Tell Denkmal im Zentrum von Mulhouse.

Vermutlich im 16. Jahrhundert erbaut, war der Nesselturm – ebenso wie der Teufelsturm (Tour du diable) – Teil der alten Bischofsburg. Er diente als Zutrittstor zur Stadt und beherbergte in der Vergangenheit ein Gefängnis.

• 54 Grand Rue (Lang Gass), 68100 Mulhouse

Der Nesselturm (Tour de Nessel).

Es gibt (fast) nichts, was es nicht gibt am Markt von Mulhouse. 3 x pro Woche hast du die Gelegenheit, bei über 300 Händlern einkaufen zu gehen. Man fühlt sich fast schon wie auf einer kleinen Reise, wenn man so an den Ständen vorbeischlendert und kleine Köstlichkeiten aus aller Welt probiert. A bissi Ramsch darf bei einem solchen Markt natürlich nicht fehlen, aber es gibt auch viel Frisches wie Fleisch, Fisch, Käse und Obst zu kaufen.

• 26 Quai de la Cloche, 68100 Mulhouse
• Bus Linien 11 und 16 bis „Canal Couvert“; Straßenbahn Linien 2 und 3 sowie Tram-Train bis „Porte Haute“; vom Zentrum aus aber auch durchaus gut zu Fuß machbar. Zudem hält der kostenlose Shuttle-Dienst „La navette électrique“ an Markttagen zwischen 10:00 – 16:00 Uhr bei der Markthalle an. Parkplätze vor Ort vorhanden.
• Dienstag, Donnerstag und Samstag (jeweils von 06:00 Uhr – 17:00 Uhr)
• Mehr Informationen (= Website des Markts, nur tw. in Deutsch bzw. Englisch)

Ob Stoffe, Gemüse oder frisches Hasenfleisch – auf dem Markt von Mulhouse wirst du vermutlich fündig.

Die Brüder Hans (geb. 1904) und Martin (geb. 1906) Schlumpf machten sich ab 1935 einen Namen in der Textilindustrie. Sie erwarben mehrere Fabriken, u.a. 1956 eine Wollspinnerei in Mulhouse. Nebenbei gingen sie ihrer Sammelleidenschaft für Autos nach, welche ihr Zuhause in der Anfang der 60-iger Jahre geschlossenen Spinnerei in Mulhouse fanden. Ende der 70-iger Jahre verkauften die Gebrüder Schlumpf ihre Fabriken für „einen symbolischen Franc“. Es kam, wie es kommen musste – der Konzern ging pleite, die Brüder flüchteten in die Schweiz und wurden verklagt. Die Autosammlung wurde mit Zustimmung des Gerichts an eine Vereinigung verkauft, welcher u.a. die Stadt Mulhouse angehört. 1982 wurde schließlich das Musée National de l’Automobile mit 437 Autos eröffnet – darunter Bugattis, Ferraris und jede Menge andere namhafte Marken. Heute können nicht nur über 450 Fahrzeuge bestaunt werden, sondern ist auch für jede Menge Action gesorgt. So wartet auf die kleinen Gäste eine Go-Kart-Bahn, die großen können einen Überschlagswagen probieren oder einen Ausflug mit einem Oldtimer machen. Für große und kleine Autofans führt kein Weg vorbei am Musée National de l‘ Automobile. Ich werde dem Museum bei meinem nächsten Besuch von Mulhouse ebenfalls einen Besuch abstatten; dieses Mal habe ich leider nur die Außenfassade geschafft. Ja, du hast richtig gelesen. Auch wenn ich erst langsam mit Mulhouse warm wurde, möchte ich unbedingt wieder einmal nach Mulhouse fahren.

• Musée National de l‘ Automobile, 17 rue de la Mertzau, 68100 Mulhouse
• Bus: Linie 10 bis „Musée de l‘ Automobile“; Straßenbahn: Linie 1 bis „Musée de l‘ Auto“
• kostenpflichtiger Parkplatz vorhanden
• Informationen zum Museum (insbes. Öffnungszeiten und Preise, auch in deutscher Sprache)

• Du wirst bereits bei deinem bloßen Spaziergang durch die Stadt jede Menge Straßenkunst entdecken. Falls du lieber gezielter losgehen magst, kannst du dich auf dem Online-Portal Cirkwi umsehen. Dort ist eine Streetart-Route hinterlegt, an welcher du dich orientieren kannst.
• Du willst noch tiefer in die Straßenkunst von Mulhouse eintauchen? Das Tourismusbüro von Mulhouse bietet Führungen zum Thema Streetart an.
• Seit 2014 ist Mulhouse zweisprachig – Amtssprache ist Französisch, Deutsch mit den Varianten Elsässisch und Hochdeutsch gilt als Regionalsprache des Elsass. Der deutsche Name von Mulhouse ist im Übrigen Mülhausen, im Elsässischen wird die Stadt Mìlhüsa genannt. Für ein Schmunzeln sorgt so manche zweisprachige Straßenbezeichnung, die an den österreichischen/bayrischen Dialekt erinnert. Ein Beispiel gefällig? (hochdeutsch: Straße des Teufelsturms)

• Deine Füßen tragen dich nicht mehr? In Mulhouse gibt es „La navette circuit“, einen elektrisch betriebenen Shuttledienst, der kostenlos genutzt werden kann und im 15-Minuten-Takt fährt. In den beiden Mini-Bussen befinden sich Urnen, in welche man eine Geldspende für lokale Vereine einwerfen kann (Montag 14:00 – 19:00 Uhr; Dienstag – Samstag jeweils 10:00 – 19:00 Uhr; mehr Informationen – nur in französischer Sprache).

Route des Navette électrique – Busses

• In Mulhouse gibt es jede Menge Nächtigungsmöglichkeiten. Mich hat es in das zentral gelegene „B&B Hotel Mulhouse Centre“ verschlagen. Frühstück war im Preis inbegriffen, der Parkplatz befand sich in einer Tiefgarage auf der anderen Straßenseite.
• In Mulhouse gibt es zahlreiche Cafés und Restaurants. Ich kann dir beispielweise die „Auberge des Franciscains“ empfehlen. Dort erwartet dich eine schmackhafte Elsässische Küche – ob Flammkuchen, Schnecken oder Fleischnakas, ich sag‘ nur: Bon appétit! Wo? In der 46 Rue des Franciscains, 68100 Mulhouse (Dienstag Sperrtag, Mehr Informationen).

Einer der zahlreichen Gastrobetriebe in Mulhouse.

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